Ein Interview

Antworten auf mir gestellte Fragen

1.     Würdest du dich als professionellen Künstler bezeichnen, kannst du dich ganz der Kunst widmen?

Ich würde mich nicht als professionellen Künstler bezeichnen. Ich bin zwar von Hause aus Grafik-Designer, betätige mich aber künstlerisch erst als Rentner – zwar eher hobbymäßig, aber auch mit viel Spaß und Engagement. Dabei kommt meine berufliche Betätigung als Kommunikationsfachmann immer wieder durch, indem ich mich selbst und meine (Hobby-)Arbeiten zu inszenieren versuche.

 

2.     Hast du ein Atelier/einen Arbeitsraum? Wenn ja, wie lange schon und inwieweit beeinflusst dein „Atelier“ deine Arbeiten?

Ich habe seit 2016 ein Atelier im Souterrain unseres Hauses. Vorher hatte ich mich mehrere Jahre im Dachboden eingenistet, wo es aber im Sommer unerträglich heiß war und die Farben eintrockneten, so dass man dort nicht arbeiten konnte.

Seit etwa 2015 – nach den Agenturzwängen – beschäftige ich mich intensiver mit freier Kunst.

Das Atelier versetzt mich regelmäßig in Produktionslaune, bei der ich Zeit und Raum vergesse.

 

3.     Beschreibe mal einen typischen Tag im Atelier… Wie lange, wie intensiv und zu welchen Zeiten arbeitest du? Hörst du bei der Arbeit Musik oder Radio? Machst du regelmäßig Pausen?

Es gibt eigentlich keinen typischen Tag im Atelier. Die Arbeiten finden zu unterschiedlichsten Zeiten und unterschiedlich lange statt, schließlich gibt es noch andere Aufgaben im täglichen Zusammenleben. Dennoch: Wenn es mich einmal gepackt hat und dann möglicherweise noch ein Ausstellungstermin droht, dann können es auch mal 14 oder 16 Stunden am Stück sein. Pausen sind dann eher sporadisch und unregelmäßig. Gern hör ich Musik bei der Arbeit, wobei ich mich oftmals nachher frage, was ich überhaupt gehört habe. Meist gehen mir bei der Arbeit unterschiedlichste Dinge durch den Kopf. Immer wieder verändert sich auch das, was man machen wollte im Laufe der Arbeit.

Vielfach produziere ich verschiedene Arbeiten nebeneinander – auch zu unterschiedlichen Themen. Auch beschäftigt mich häufig bei der Arbeit das eine oder andere Thema, das ich gerade nicht bearbeite.

 

4.     Welche Art von Farben/Materialien nutzt du? In welcher Technik arbeitest du?

Bei zweidimensionalen Arbeiten verwende ich hauptsächlich Acryl- und Volltonfarben, Permanentstifte von Edding oder Staedtler sowie Wachsmalkreide und Buntstifte. Trägermaterialien sind in der Regel Leinwand oder Hartfaser, die eine Struktur wie Leinwand besitzt, aber auch Papier und Pappe.

Bei reliefartigen und dreidimensionalen Arbeiten verwende ich sehr oft Alltagsmaterialien: Reste/Übrigbleibsel von Papier, Pappe, eingetrockneter Farbe, Inlets von Verpackungsmaterialien usw., denen ich neue ästhetische Aufgaben zuzuweisen und ihre grafischen Potenziale herauszuarbeiten versuche.

Skulpturen entstehen aus unterschiedlichsten Materialien wie Korkenzieherweide oder -haselnuss, Sperrholz, Bierflaschen, Wolle etc., aber auch aus Pappe und Papier.

 

5.     Gibt es einen Lieblingsplatz an dem du arbeitest? Hast du einen Lieblingsplatz in deinem Atelier?

Es gibt einen Platz, an dem ich hauptsächlich arbeite. Bei Schneidearbeiten und einigen anderen Arbeiten wechsle ich den Platz, weil da die Schneideunterlage liegt.

 

6.    Arbeitest du meist an einem Projekt oder an mehreren gleichzeitig?

Meist habe ich zwei oder drei oft sehr unterschiedliche Projekte in der Pipeline. Manchmal auch mehr. Häufig kommen mir beim Machen des einen Ideen zu neuen Dingen. Dann landen solche Gedankengänge meist erst einmal im Skizzenbuch und werden häufig erst viel später und neu durchdacht realisiert.

 

7.    Was ist, wenn du ein Bild/ein Werk fertig gestellt hast? Was tust du?

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal liegen die Arbeiten eine ganze Zeit lang im Atelier. Meist aber muss ich es jemandem zeigen. Das ist in der Regel meine Frau.

Gern würde ich mich aber auch des öfteren mit anderen Kunstinteressierten austauschen.

 

8.   Wie oft räumst du dein Atelier / deinen Arbeitsraum auf? Hat das einen Einfluss auf deine Arbeit?

Aufräumen bedeutet immer zuerst einen Schnitt. Ich habe mich früher schon immer ziemlich zugebaut, wusste aber meist, was ich unter welchem Stapel vergraben habe. Wenn dann aufgeräumt ist, ist es wie ein neuer Anfang. Innerhalb einer Ausstellungsvorbereitung zu einem ganz bestimmten Thema mag ich nur aufräumen, wenn sonst kein Platz mehr fürs Weiterarbeiten ist.

 

9.   Gibst du deinen Werken/Arbeiten einen Titel? Wie entstehen die Titel?

Fast alle meine Werke haben einen Titel. Meist entstehen meine Arbeiten in der Kombination von Bild und Text. Text ist daher häufig der Ursprung zu einer Bildidee.

Ich liebe hintergründige Wortspielereien, die ich zwei- und dreidimensional gestalterisch umsetze. Von humorig und satirisch bis ironisch und bitterböse, wenn es Not tut. Vorbilder sind da Heinz Erhard, Robert Gernhard, Otto oder auch Marcus Jeroch mit seinem kongenialen Schreiber Friedhelm Kändler.

Dabei lasse ich mich nicht auf eine Masche festlegen. Eine neue Idee ist meist auch mit einer bestimmten Vorstellung für die Umsetzung verbunden.

Insofern gibt es also lediglich mal kleinere Serien von bis zu 10 oder 15 Arbeiten.

 

10.   Hast du ein Motto/eine Überzeugung nach der du als Künstler lebst?

Ich bin der Überzeugung, dass Kunst nur entstehen kann, wenn Form und Inhalt zusammenkommen.

„Form ohne Inhalt ist leer, Inhalt ohne Form ist blind“, hat einmal der Planungsmethodologe Prof. Dr. Sigfried Maser in Anlehnung an Kants „Kritik der reinen Vernunft“ („Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“) formuliert. Kunst muss einen Mehrwert haben. Nur schöne Bilder sind mir in der Regel zu wenig. Überinterpretationen – wie sie gerade in der zeitgenössischen Kunst, vor allem häufig bei Installationen, Performance und Videokunst exerziert werden -  legitimieren allerdings vielfach lediglich nur die, die darüber reden: die Kritiker und Kuratoren. Letztendlich aber bestimmt der Rezipient, was gefällt und was nicht.

Die Bestimmung, was nun tatsächlich Kunst ist, wird immer subjektiven Kriterien unterliegen.

Ich bin allerdings davon überzeugt, dass man künstlerische Gestaltung – egal welcher Disziplin – nach bestimmten Kriterien „vermessen“ kann, um eine kommunikative Basis zu schaffen, aufgrund der man in der Lage ist, über eine Arbeit zu diskutieren.

 

11.    Welchen Ratschlag würdest du einem jungen Menschen geben, der Künstler werden möchte?

Der Kunstmarkt ist so versaut kommerzialisiert, dass man als junger Künstler kaum eine Chance hat, wenn man nicht von Galeristen und anderen Meinungsbildnern protegiert wird. Selbstvermarktung ist kaum machbar. Ausnahmen wie Banksy sind rar.

 

12.    Worauf bist du stolz?

Wenn mir ein Werk oder eine Ausstellung so gelungen ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Aber da sind letztendlich immer wieder Zweifel an der eigenen Technik oder auch der Aussage. Es gibt immer etwas, das man verbessern möchte. Zufrieden bin ich nie wirklich.

 

13.    Deine Kunst ist…?

…Spaß am Machen.

 

14.    Dein Leben ohne Kunst wäre…?

…leer.

Sowohl aktives Machen als auch passives Konsumieren sind für mich Lebenselexier…

 

15.    Was inspiriert dich in deiner Kunst?

Vielfach sind es Ausstellungen in Museen oder Parks, die neue Impulse verleihen, aber auch Street Art und „Kunst am Wegesrand“ (wie ich sie nenne), die meist garnicht als solche gemeint ist, aber durchaus das Potenzial hat, bei aufmerksamer Betrachtung als solche interpretiert zu werden. Es sind figürliche und vor allem grafische Strukturen in der Natur, in der Architektur oder in Gegenständen. Für mich bedeutet das, sich inspirieren zu lassen und neuen Spaß am Machen zu generieren… nicht kopieren. Obwohl ich gern auch mal Techniken bekannter Künstler für eigene Ideen verwende: James Rizzi, Joan Miro, Roy Liechtenstein oder Otmar Alt.

 

16.  Was ist in Bezug auf deine Arbeit deine Schwäche?

Ich habe oft viel zu wenig Geduld. Ich brauche ein Ergebnis und das führt oft dazu, dass mir der „Gag“ wichtiger ist als die allerletzte Konsequenz in der Form der Gestaltung.

 

17.   Welche Arbeiten machst du lieber, welche nicht so gern?I

Ich mag keine langwierigen Prozesse.

 

18.   Ärgerst du dich über Kritik?

Ja, wenn sie unsachlich ist oder ohne tatsächliche Auseinandersetzung mit Inhalt oder Form gefällt wird. Ansonsten diskutiere ich gern über meine Arbeit, auch wenn ich dabei einstecken muss.

 

19.   Woher kommen deine Ideen? Was inspiriert dich? Hast du Vorbilder?

Ich mache gern irgendwelche Wortspiele, Wortverdrehungen, Kalauer usw. Meist habe ich dazu dann auch eine bildliche Übersetzung im Kopf. Daraus resultiert eine breite Gestaltungsvielfalt, die mich mit Tim Ulrichs verbindet.

Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass es fünf Quellen gibt, aus denen man Kreativität schöpft: Emotion… Material… Handwerk… Methodik… Kultur…

Ich habe zusammen mit Gregor Lersch, einem weltweit anerkannten Floraldesigner, unter anderen Lehrbüchern auch ein Buch „QuellenSuche – Wege der Inspiration“ geschrieben, das diese fünf Inspirationsquellen benennt, die in unterschiedlichen Zusammensetzungen ein Werk entstehen lassen. Fünf Wege, die bei der Gestaltung einer Arbeit immer beschritten werden. Die Kenntnis dieser fünf Wege befähigt den Gestalter dazu, sich der Quelle seiner Gestaltungsarbeit bewusst zu werden, um sie u. U. gezielt einsetzen zu können. Darüber hinaus können Rezipienten dadurch einen Zugang zu einer weitgehend emotionslosen Kommunikation/Diskussion über eine Gestaltungsarbeit finden. Aber das ist ein ganz eigenes komplexes Thema…

 

20.   Was ist für dich Kunst und wie ändert sich deiner Meinung nach Kunst im Wandel der Zeit?

Das ist ebenfalls ein ganz eigenes Thema und würde hier viel zu weit führen. Ein Abend würde da kaum reichen. Wahrscheinlich nicht einmal ein ganzes Leben. Aber Kunst muss für mich einen Sinn haben… einen Nutzen… und Spaß machen. Ich finde, aus Kunst muss man Lebensgefühl schöpfen können.

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